Interesse ohne Filter

Köln / Pulheim

Der Medienwissenschaftler Eli Pariser prägte den Begriff der Filterblase (filter bubble), um das beängstigende Phänomen zu beschreiben, dass das, was bei Google oder anderen Suchmaschinen bei Eingabe x-beliebiger Schlagwörter erscheint, davon abhängt, wie die individuelle Suchhistorie bei der verwendeten Suchmaschine aussieht. Man bekommt das angezeigt, was einen nach Meinung des Algorithmus mehr interessiert. Andere Meinungen fallen da oftmals unter den Tisch.

Dann, wenn es sich anbietet, versuche ich meine Studierenden über diesen Umstand zu informieren. Durch regelmäßige Presseschau, die ich im Unterricht einsetze, versuche ich, den Blick zu weiten und die Meinungsbildung auf eine breitere Basis zu stellen.

Ich will nicht verschweigen, dass es ähnliche Phänomene gibt, auch wenn man ohne Suchmaschinen im Netz stöbert. Ich nenne es die Interessenblase. Ich lese nur das, was mich interessiert, schon aus zeitökonomischen Gründen. Meine Tätigkeit als Jurymitglied im Nordrhein-Westfälischen Sportjournalistenpreis zeigt mir aber aktuell wieder, was ich alles verpasst hätte, wenn ich nicht über die eingereichten Beiträge zu urteilen hätte. Berührende, spannende und lustige Artikel über Sportlerinnen, Sportler, Sportarten und Sportevents, die ich in meinem bisherigen Leserleben eher gemieden hätte, werden zur vergnüglichen Pflichtlektüre.

Viele der eingesandten Beiträge stammen dabei von Medien, die ich bisher schlicht nicht kannte. Zu meiner Ehrenrettung sei vielleicht gesagt, dass man nicht alle regionalen Tageszeitungen und nicht alle Podcasts kennen kann. Aber ich habe gelernt, dass es sich lohnt, wenn man sie kennt. Der originelle Umgang der Sportjournalistinnen und Sportjournalisten mit der Sprache in Podcasts und in Artikeln und bewegend produzierte Beiträge in Bild und Ton sind auch abseits etablierter, überregionaler Medien zu finden.

Deshalb lese, höre und sehe ich mehr als je zuvor. Die Zeit nehme ich mir, um informiert zu sein und noch mehr, um unterhalten zu werden. Nicht immer wird meine Erwartung komplett erfüllt, aber stets gibt es Momente, die Eindruck hinterlassen. Ich bin sicher, so wird es auch Ihnen gehen, wenn Sie sich aus Ihrer Interessenblase befreien, denn das ist die Quintessenz: Nutzen Sie Medien! Lesen Sie, hören Sie, schauen Sie zu! Auch mal das, was Sie eigentlich nicht konsumieren wollten. Auch in Medien, die Sie bisher nicht kannten. Sie werden es nicht bereuen!

Prof. Dr. Michael Groll (Sportmanagement & Sportpolitik)